WHO erklärt Schweinegrippe zur Pandemie – was bedeutet dies für Unternehmen konkret?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat heute für die Schweinegrippe die Pandemie ausgerufen. Zuvor hatte sich WHO Generaldirektorin Chan in einem Notfallausschuss mit Experten beraten. Es ist das erste Mal seit 41 Jahren, dass die WHO die höchste Pandemiestufe sechs ausruft. Die letzte Pandemie war die Hongkong-Grippe 1968.

Auslöser ist unter anderem die besorgniserregende Ausbreitung des Virus in Australien. Dort sind die H1N1-Infektionsfälle in den vergangenen Tagen sprunghaft angestiegen.

Dieser Schritt ist seit einigen Tagen erwartet worden, doch hat die WHO diesen Schritt hinausgezögert, um allen 193 Mitglieds-Staaten die Gelegenheit zu geben, sich auf diese Situation vorzubereiten. Befürchtet wurden panische Reaktionen in der Bevölkerung, die zum Beispiel zu einem Massenansturm auf Krankenhäuser führen können. Auch haben nicht alle Staaten entsprechende Pandemiepläne vorbereitet.

In Deutschland liegt ein 2007 aktualisierter bundesweiter Pandemieplan vor, sowie weitere Pandemiepläne auf Länderebene und bei den Einrichtungen zur medizinischen Versorgung wie Krankenhäuser.

Der größte gehäufte Infektionsfall in Europa ist aktuell in Düsseldorf in einer japanischen Schule aufgetreten. Dort haben sich in den vergangenen Tagen 30 Kinder mit H1N1 infiziert. Die Schule wurde mittlerweile geschlossen und die Schüler und Eltern durch das Gesundheitsamt mit einem Massentest gecheckt. Alle betroffenen Schüler, Eltern und Geschwister wurden zu Hause unter Quarantäne gestellt. Den Kindern geht es überwiegend gut, zwei sind schwerer erkrankt.

Die Infektionen verlaufen nach wie vor mild.  In Deutschland gibt es aktuell rund 90 Infektionsfälle. Täglich kommen derzeit zwischen 10 und 20 Fälle hinzu (siehe hierzu die aktuelle H1N1-Statistik in den H1N1-Links auf bcm-news).

Weltweit sind es rund 28.000 offiziell gemeldete Fälle mit 141 Todesfällen. Experten gehen jedoch von einer hohen Dunkelziffer nicht erkannter oder gemeldeter Fälle aus.

In Honkong werden wegen der Schweinegrippe für zwei Wochen alle Grundschulen geschlossen. Auslöser ist die Erkrankung von zwölf Jugendlichen ohne daß der Infektionsherd festgestellt werden konnte.

Was bedeutet die Ausrufung der Pandemie für ein Unternehmen?

Ich möchte dies aus Sicht der drei zentralen Dimensionen erläutern:

  1. Kommunikation
  2. Prävention
  3. Bewältigung

Kommunikation:

Wir wissen nicht, mit welchen Schlagzeilen die publikumswirksamen Zeitungen mit den dicken Überschriften und bunten Bildern am Montag aufmachen.

Die Ausrufung der Pandemie durch die WHO in Verbindung mit dem Infektionsfall der 30 Kinder in Düsseldorf  kann leicht die Grundlage für effekthaschende Schlagzeilen bilden. Keine Kommunikation, wie dies einige Unternehmen in der Umfrage von bcm-news zum Thema “Kommunikation in der Schweinegrippe” noch angegeben haben, ist dann keine Option mehr. Denn man kann nicht “nicht kommunizieren”, wie uns die Marketing-Profis lehren.

Eine sachliche Information über

  • die aktuelle Lage zur H1N1-Pandemie
  • getroffene Vorsorgemaßnahmen des Unternehmens
  • präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen
  • Verhaltensempfehlungen ,und – anweisungen
  • Informationsmöglichkeiten zur weiteren Entwicklung
  • die nächsten vorgesehenen Maßnahmen
  • Ansprechpartner bei Fragen und Verdachtsfällen

hilft Unsicherheit und Unruhe bei den Mitarbeitern zu vermeiden.

Allgemeines Informationsmaterial und Broschüren gibt es mittlerweile reichlich. Eine sehr gute Quelle hierfür ist das Robert Koch Institut (RKI). In der Rubrik H1N1 der Links auf dieser Seite finden sich weitere hilfreiche Quellen.

Prävention:

Die Gefahr, daß Ihr Unternehmen von einem H1N1-Infektionsfall betroffen wird, ist akut. Die  aktuellen Infektionsfälle in Schulen und Kindergärten beschleunigen die Verbreitung des Virus drastisch. Hinzu kommen Dienstreisende und Urlaubsrückkehrer, die den Virus aus dem Ausland einschleppen können.

Durch Prävention kann die Gefahr eine weiteren Ausbreitung des Virus deutlich verringert werden. Im Rahmen der Aktion “Wir gegen Viren” stellt das Robert Koch Institut in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Hygienetipps und Pandemietipps zur Abwehr von Viren anschaulich vor:

  • Händewaschen
  • Hygienisch husten
  • Zuhause bleiben
  • Krankheit erkennen
  • Gesund werden
  • Familienmitglieder schützen
  • Regelmäßig lüften

Für die Pandemie wird in diesem Merkblatt empfohlen, Abstand zu halten, Menschenansammlungen zu meiden und sich der begrenzten Wirkung von Hygienemasken bewusst zu sein.

Gerade diese aktuelle Situation ist eine gute Gelegenheit die – nicht mehr ganz so neuen – Kommunikationsmittel wie Telefonkonferenzen oder Videokonferenzen stärker zu nutzen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig diese Kommunikationsmittel in den Untenehmen nach wie vor eingesetzt werden. Zudem helfen sie Zeit und Kosten zu sparen.

Bewältigung:

Die aktuelle Situation ist eine gute Gelegenheit das Krisenmanagement zu üben und die Pandemiepläne auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

Viele Pandemiepläne wurden unter anderen Annahmen geschrieben als sich die Situation jetzt darstellt. Das Eintreten einer Pandemie wurde gleichgesetzt mit einer Situation mit massivem Personalausfall, Erkrankten oder gar Todesfällen im Unternehmen. Entsprechend wurden in der Pandemieplanung für die Phase “Pandemie” Maßnahmen wie Ausgabe von antiviralen Medikamenten, Schließung von Kantinen und Gemeinschaftsräumen, Absage von Besprechungen und Dienstreisen etc. vorgesehen. Diese Maßnahmen sind in der jetzigen Situation allerdings in der Regel nicht angemessen. Ein Automatismus in den Maßnahmeplänen, angelehnt an die Pandemiestufen der WHO, erzeugt hohe Kosten und Schäden und Verunsicherung bei geringem Nutzen. Eine sorgfältige Abwägung der Maßnahmen ist daher zwingend erforderlich. Und die notwendige Flexibilität in den Pandemieplänen.

Um die angemessenen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt ergreifen zu können, bedarf es eines guten Krisenmanagements. Die H1N1- Pandemie ist eine sehr gute Gelegenheit, um das Krisenmanagement in dieser aktuellen Lage zu beüben.

Auch wenn die aktuelle Lage noch keinen Notfall oder  Krise im definierten Sinne für Ihr Unternehmen darstellt, kann der Krisenstab zum Beispiel als “Koordinierungsstab H1N1” seine Arbeit aufnehmen und die Zusammenarbeit in der aktuellen Lage trainieren. Krisenstabsräume, Lagezentrum, Kommunikations- und Informationssysteme, Dokumentation und BCM-Tool können anhand der aktuellen Lage auf ihre Einsatzfähigkeit in der realen Situation eingesetzt und getestet werden.

Gerade das Zusammenspiel zwischen Lagebeurteilung (zum Beispiel nach dem hier vorgestellten Modell FORDEC) und der Krisenkommunikation ist ein entscheidender Erfolgsfaktor zur Bewältigung der aktuellen Pandemie-Situation.

Ansonsten gilt die erste Pflicht für Notfälle und Krisen: Ruhe bewahren, Panik vermeiden!

Aktuelle Informationen zur H1N1-Pandemie erhalten Sie weiterhin wie gewohnt hier in den bcm-news. In den speziellen H1N1-Links auf dieser Seite finden Sie tagesaktuelle Informationen zu den aktuellen Lageberichten und Statistiken. Im bcm-newsticker finden Sie die Meldungen aus der ganzen Welt.

0 Responses

Schreibe einen Kommentar