Nach der Pandemie ist vor der Pandemie

Die größte Gefahr einer Pandemie, zumindest in Europa, scheint vorüber. Aus dem Südosten der USA werden derzeit wieder steigende Fallzahlen gemeldet und die Pandemiewarnstufe der WHO steht noch immer auf der Höchststufe “6”. Sorgen bereitet derzeit offensichtlich eher die Entsorgung des Schweinegrippe-Impstoffs als die Versorgung. Zumal sich in Deutschland gerade einmal zehn Prozent der Bevölkerung impfen liesen, gegenüber einer normalen Impfrate von zwanzig Prozent in einer normalen Grippesaison. Zeit eigentlich also, Bilanz zu ziehen nach nach einem Jahr Schweinegrippe.

Doch wie steht es um die Aufarbeitung der Pandemiebewältigung? Was lief gut, was lief nicht so gut und was war ein Desaster?

Zumindest die WHO lässt ihr Krisenmanagement im Umgang mit der Schweinegrippe derzeit prüfen. Die UN-Organisation hat hierzu eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, nachdem sich die WHO dem Vorwurf ausgesetzt sieht, die Gefahr übertrieben zu haben.

In einem Artikel auf tagesschau.de hat sich jetzt Gert Antes, Mitglied der Ständigen Impfkommission der Bundesrepublik Deutschland, zu Wort gemeldet.

“Die Schweinegrippe-Pandemie war harmlos”, aber “Das war reines Glück”, so der Wissenschaftler. Er kritisiert insbesondere den unseriösen Umgang mit Zahlen über Grippetote und Impfschäden. Folge dieses “kommunikativen Desasters” war eine Rekordbeteiligung der Bevölkerung an der Impfung – allerdings ein negativer Rekord. Zudem kamen die Impfstoffe zu spät. Bei einem aggressiven Virus wären die Impfstoffe zu spät verfügbar gewesen. Dass keine Erfahrungen aus der Schweinegrippe gezogen werden, hält Antes allerdings für die eigentliche “Schweinegrippe-Katastrophe”.

Auch die Unternehmen stehen ratlos nach der Schweinegrippe da. Glück gehabt, kann man da nur sagen und auch von den Behörden ist leider nicht allzuviel Unterstützung im Ernstfall zu erwarten, so die Erfahrung vieler Unternehmen. Umso mehr gilt es,  die Erfahrungen auszuwerten, um bei der nächsten Pandemie besser vorbereitet zu sein. Nicht die Versorgung mit Masken oder Reinigungsmittel war die eigentliche Herausforderung. Wie gehe ich mit erkrankten oder verängstigten Mitarbeitern um? Wie ist die Bezahlung und Arbeitszeit geregelt, wenn Mitarbeiter aus reiner Vorsorge nach Hause geschickt werden. Kann es Mitarbeitern untersagt werden zur Arbeit zu kommen? Dies sind einige der Fragen, die viele Unternehmen während der Pandemie bewegt haben. Und nicht immer konnten diese Fragen auch tatsächlich abschliessend geklärt werden. Denn es hat sich gezeigt, eine Pandemie ist ein stark interdisziplinäres Thema. Medizin, Arbeitsrecht, IT, Psychologie und viele weitere Disziplinen sind gefragt. Jeder der Beteiligten sieht die Pandemie aus der eigenen Brille. Zusammenarbeit und erfolgreiches Zusammenwirken im Unternehmen und mit Behörden ist die eigentliche Herausforderung der Pandemie. Und dies ist oftmals nicht gelungen. Auf keinen Fall in der öffentlichen Diskussion und der Kommunikation der Behörden.

Nur eine ehrliche Nabelschau hilft uns hier weiter. Das nächste Mal haben wir vielleicht nicht mehr so viel Glück!

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