Der ehemalige Ausweichsitz der Bundesregierungen

Die Konzeption, Einrichtung und der Betrieb von Ausweichstandorten für geschäftskritische Arbeitsplätze und IT-Systeme gehört zu den schwierigsten und teuersten Investitionen bei der Implementierung eines BCM.

Natürlich benötigt auch die Regierung und die Ministerien Ausweichlokationen für den Krisenfall.

Wenn es um den “Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland in der Krise und Krieg” geht, darf es ruhig auch ein bisschen aufwändiger und teurer werden.

So ist der Regierungsbunker im Ahrtal während seiner Dienstjahre 1972 bis 1997 als teuerste Einzelinvestition in die deutsche Geschichte eingegangen.

Seit 1. März kann der Regierungsbunker als Museum besichtigt werden und die “Geheimakte Regierungsbunker” wurde von Jörg Diester recherchiert und im gleichnamigen Buch ausführlich dokumentiert.

Ein Lehrbuch auch für Notfallmanager und Berater im öffentlichen Auftrag.

Von der Idee für den Regierungsbunker für Not- und Krisenfälle bis zum Beginn des Baus vergingen schon einmal fast 10 Jahre: von 1950 bis zum Baubeginn 1959.

Die Bunkeranlage in den Weinbergen an der Ahr unweit von Bonn war eng in die deutsche Notstandsplanung eingebunden. Für alle Regierungen ab 1966 war die Bunkeranlage Ausweichsitz im Kriegs- und Krisenfall. In der Bunkeranlage wurden im Rahmen der Kommandostabsübung FALLEX 66 die Notstandsgesetze erprobt, die mit ihrer Verabschiedung 1968 zu Geburtshelfern der “68er-Generation” wurden.

In einem 17.336 Meter langen Tunnelsystem mit 897 Arbeitszimmern und 936 Unterkunftsräumen wollten die Regierungen während des kalten Kriegs den Atomkrieg überstehen. “Der Abwurf einer Atombombe auf die provisorische Hauptstadt Bonn, so lautet die klare Annahme, sei logisch und mit Sicherheit anzunehmen”, so die Sicherheitslage 1950. Die NATO-Strategen gingen davon aus, dass ein Krieg mit mit schweren atomaren Angriffen ohne Vorwarnung beginnen würde. Es galt die ersten 30 Tage zu überstehen.

Dem Bunkerbau ging eine längere Standortdiksussion voraus. Sollten mehrere dezentrale Bunker gebaut werden, oder ein zentraler Groß-Bunker? Für die dezentrale Lösung sprach der Schutz durch geographische Verteilung und damit schwierige Auffindbarkeit, dagegen sprach die schwierige Kommunikation zwischen den Standorten im Ernstfall. Die Entscheidung viel daher für den Großbunker in den Tunnelsystemen an der Ahr.

47 Millionen DM sollte der Bunker mit dem Tarnnamen “Rosengarten” kosten und nach einer Bauzeit von 28 Monaten fertiggestellt sein.

Im November 1959 wurde mit dem Bau begonnen, begleitet mit heftigen Diskussionen, welche Ministerien in den Bunker einziehen dürfen und welche für “entbehrlich” gehalten werden, da der Bedarf die geplanten Kapazitäten ständig überstieg.

Das Bauwerk, in dem 3.000 Bonner Amtsträger einen atomaren Kriegsangriff überleben sollten, wurde schlussendlich zur teuersten Einzelinvestitionen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Aus 47 Millionen DM wurden 4,7 Milliarden DM. Gebaut wurden insgesamt fünf Bauteile im Zeitraum 1959 bis 1971.

1965 wurde der Bunkerkomplex Ost  fertiggestellt, in dem im Oktober 1966 die erste Stabsübung FALLEX 66 mit 1.500 Teilnehmern an fünf Tagen stattfand.

Simuliert wurde ein militärischer Konflikt in Jugoslawien mit anschliessendem Aufmarsch der Warschauer Vertragstruppen an der innerdeutschen Grenze und in der Folge Unruhen bei den Gastarbeitern in Deutschland.

Alleine für den laufenden Betrieb und das Personal entstanden ab 1971 jährliche Kosten von 20 Millionen DM. Ein 140 Mitarbeiter starker Wartungstrupp hielt die Einrichtung in Betrieb.

1997 wurde die Anlage ausser Dienst gestellt und 2001 mit dem Rückbau begonnen.

Heute sind in der Dokumentationsstätte Regierungsbunker noch etwa 200 Meter des weitverzweigten Tunnelsystems zu besichtigen. Diese Wegstrecke entspricht rund 28,3 Millionen Euro Baukosten!

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